Vom Obst-Regal auf die Trainerbank
Dass der Einkauf in einem Beilsteiner Supermarkt solche Folgen haben würde, damit hatte Benjamin Koch nicht gerechnet, als er an einem Samstag im März mit seiner Verlobten vor dem Obst-Regal stand. Klar war dem 39-Jährigen damals nur, dass er seine Trainer-Tätigkeit bei den Handballern der SG Heuchelberg (Bezirksliga Heilbronn-Franken) „aus verschiedenen Gründen“ zum Saisonende beenden wollte. Der Zufall wollte es, dass sich die Wege des Trainers und des Schmidener Spielers Paul Feirabend im Supermarkt kreuzten und man sich als „alte Bekannte“ über die gegenseitige handballerische Lage austauschte.
Nach eigentlich schon erfolgter Verabschiedung kam Paul Feirabend anschließend noch einmal zurück und fragte den B-Lizenz-Inhaber, ob er sich denn nicht vorstellen könnte, Trainer beim TSV Schmiden zu werden. Benjamin Koch, der nach 17 Jahren als Damen-Trainer und „Allrounder“ in verschiedenen anderen Positionen sowieso „immer offen für Neues“ ist, sagte spontan: „Klar, du kannst meine Nummer gern weitergeben.“ Dass sich tatsächlich jemand bei ihm melden würde, damit rechnete der Industriekaufmann nicht wirklich. Zwei Tage später jedoch erhielt er einen Anruf von Sven Zeidler, dem sportlichen Leiter des TSV, und ein paar gute Gespräche sowie ein Probetraining später war man sich einig, dass man den personellen Umbruch beim Württemberg-Ligisten gemeinsam angehen wolle.
Rund sieben Wochen nach dem Trainingsauftakt mit sieben Neuzugängen ist Benjamin Koch immer noch glücklich mit seiner Entscheidung: „Ich bin sehr herzlich aufgenommen worden und fühle mich superwohl in Schmiden.“ Vor allem die Mischung aus Professionalität und familiärer Atmosphäre beeindruckt den 39-Jährigen, der früher schon als Jugendspieler des TSV Gronau den TSV Schmiden positiv wahrgenommen hatte. „Das ganze Umfeld, Vorstand, Kollegen sind toll und die Jungs in der Mannschaft sind supercool, es passt alles.“ Für das nähere Kennenlernen aller – auch abseits des Sportlichen – war das Ortsturnier im Juli („eine ganz tolle Sache“) die perfekte Gelegenheit. Auch sportlich ist der Industriekaufmann, der in Remshalden arbeitet, mit der bisherigen Vorbereitung zufrieden: „Alle ziehen sehr gut mit, ich freue mich mega auf die Saison.“
Ein erstes Ausrufezeichen hat die Mannschaft mit dem 24:24-Unentschieden im Vorbereitungsspiel gegen den TSV Deizisau, immerhin Aufsteiger in die Baden-Württemberg-Oberliga (BWOL), gesetzt. Angst vor dem Sprung von der Bezirks- in die Württemberg-Liga hat Benjamin Koch aufgrund seiner Erfahrung als Frauen-Trainer in der BWOL eigentlich nicht. „Natürlich hat man immer Respekt vor neuen Aufgaben, aber ich denke, dass ich den Druck von meiner Tätigkeit beim TSV Bönnigheim schon gewohnt bin, deshalb überwiegt bei mir die Vorfreude.“
Neben den sechs Stadt-Derbys freut sich der neue Trainer besonders auf die Duelle mit der SG Schozach-Bottwartal, die für den Spielekonsole-Fan fast wie Begegnungen mit der eigenen Vergangenheit anmuten. Schließlich hat der 39-Jährige – außer zwei „kurzen Abstechern zu den Herren des TV Möglingen und TV Großbottwar“ – seine ganze Handballzeit beim TSV Gronau verbracht, der inzwischen zur SG gehört. Seit seiner Geburt war der Vollbluthandballer an der Seite seiner handballspielenden Eltern jedes Wochenende in irgendeiner Sporthalle zu finden, meist in Gronau oder beim damaligen Regionalligisten SKV Oberstenfeld. „Ich wurde sogar auf der Bank gestillt.“ Da passt es ins Bild, dass Benjamin Koch nicht nur sein sportliches, sondern auch sein privates Glück beim Handball gefunden hat: Seine Partnerin Lena hat Benjamin Koch als Spielerin während der Trainertätigkeit bei der Sportunion Neckarsulm kennengelernt. Inzwischen teilen die Verlobten neben ihrer Handball-Leidenschaft auch Haus, Garten und Pool.
Nicht nur die Partnerin, sondern die ganze Familie fiebert dem Saisonstart entgegen: Durch den Wechsel von Benjamin Kochs Bruder Manuel zum Württemberg-Ligisten wird es bei den Partien des TSV Schmiden eine Familien-Zusammenführung der besonderen Art geben. „Unsere Eltern freuen sich schon riesig, uns mal wieder gemeinsam auf dem Spielfeld zu sehen.“ Interessantes Detail: Bei der D-Jugend-Mannschaft seines Bruders in Gronau startete Benjamin Koch vor rund 23 Jahren seine Trainerkarriere. Die ersten Schritte der Brüder als Trainer und Spieler erfolgten also gemeinsam, ein gemeinsames Ende soll es – bei aller Verbundenheit - nicht geben. Während es für den 34-jährigen Manuel in Schmiden noch einmal ein letzter Höhepunkt vor dem Karriereende werden soll, denkt Benjamin Koch noch lange nicht ans Aufhören. Wenn Timing und Konversation aller Beteiligten so passen wie beim Einkauf im März, kann eigentlich nichts schiefgehen.
erstellt von der Fellbacher Zeitung