Tsukahara und Konterqualitäten

  12.01.2017    Handball Jugend Frauen Frauen 1
Johanna Zettl, 19, trainiert insgesamt sechsmal pro Woche, weil sie beim TSV Schmiden in zwei Sportarten zum ersten Team gehört.

Johanna Zettl freundet sich zurzeit im Training mit einem Tsukahara an. Keine einfache Beziehung, der Überschlag mit einem Salto rückwärts verlangt ihr einiges ab. Doch Johanna Zettl hat sich diese Aufgabe gewissermaßen selbst eingebrockt, als sie im Mai des vergangenen Jahres mit den Turnerinnen des TSV Schmiden noch einmal aufgestiegen ist – in die Oberliga, in die höchste Liga des Schwäbischen Turner-Bundes (STB), in der die Anforderungen dementsprechend wachsen. Doch das Team um die Trainerinnen Theresa Schwarz und Tamara Stoeß ist in den vergangenen Jahren erfolgreich mitgewachsen. Als der Schmidener Verbund im Jahr 2010 in der Kreisliga anfing, genügten einfachere Übungen mit einfacheren Namen. Fünf Aufstiege später werden Anika Bauer, Kim Bender, Kristin Berner, Eylem Bulut, Mona Kolb, Sandy Schmid, Verena Rommel und eben Johanna Zettl am 19. Februar, wenn die Oberliga-Saison in Backnang beginnt, in einer neuen Liga neue Schwierigkeiten präsentieren. „Was wir erreicht haben, macht mich stolz, wir verstehen uns alle gut, wir sind wie eine Familie", sagt Johanna Zettl.

Der jüngste Aufstieg kam für die Schmidener Turnerinnen selbst ein wenig überraschend, hatten sie doch erst im Jahr zuvor den Sprung von der Landesliga in die Verbandsliga geschafft. Sie wollten sich zunächst etablieren in dieser Verbandsliga, aus der sie sich dann jedoch umgehend wieder verabschiedet haben. Nun trainieren die jungen Athletinnen bis zu viermal in der Woche, um in diesem Jahr auch in der Oberliga bestehen zu können.

Johanna Zettl trainiert gar sechsmal in der Woche, doch das hat nicht etwa mit einem Leistungsrückstand zu tun, ganz im Gegenteil: Die 19-jährige Studentin spielt nebenbei auch Handball beim TSV Schmiden. Dabei kommen ihr im Landesliga-Team um den Trainer Thomas Fürst ihre Schnelligkeit und Sprungkraft unbedingt zugute. Wenn sie bei einem Konter zum Sprung abhebt, folgt zwar vor dem Torwurf kein Tsukahara, die turnerischen Elemente sind dennoch sichtbar – und hilfreich. Johanna Zettl hat 2011 bei den C-Jugendlichen des HSC Schmiden/Oeffingen um den Trainer Sebastian Bürkle mit dem Handballsport angefangen. Als A-Jugendliche schnupperte sie später auch schon bei den Frauen hinein, heute gehört sie fest zum Kader des Schmidener Verbunds, der vor Beginn der Rückrunde am Sonntag bei der SG Schorndorf in der Spitzengruppe der Landesliga mitmischt. Turnen und Handball, zwei unterschiedliche Sportarten, doch genau das macht den Reiz für Johanna Zettl aus. An den Geräten ist sie auf sich allein gestellt, beim Handball geht es nur über die Teamleistung. Ihre individuelle Klasse hat die ehrgeizige Sportlerin auch schon 2014 bei den baden-württembergischen Meisterschaften gezeigt, als sie in ihrer Altersklasse den Titel im Mehrkampf gewann. Im September erreichte sie bei den deutschen Meisterschaften den dritten Rang im Jahnkampf – das ist ein Wettbewerb in drei Disziplinen: Turnen (Boden, Barren und Sprung), Leichtathletik (100-Meter-Sprint, Weitsprung und Kugelstoßen) und Schwimmen (25 Meter Tauchen, 100 Meter Kraul und Turmspringen).

Geboren ist Johanna Zettl in Waiblingen, heute wohnt sie in Schmiden, wo sie auch das Gustav-Stresemann-Gymnasium besuchte. Nach der zehnten Klasse wechselte sie jedoch in ein Wirtschaftsgymnasium nach Waiblingen. Im vergangenen Jahr verließ sie die Schule mit dem Abitur, anschließend startete sie ein duales Studium bei einer Bank. Zum Turnen kam Johanna Zettl bereits im Jahr 2004, damals noch unter Anleitung von Detlef Schaak in der vereinsinternen Kindersportschule. Mittlerweile gehören der Sprung sowie die Übungen am Boden und auf dem Balken zu ihren Stärken. Jeweils fünf Turnerinnen gehen beim Ligawettkampf pro Gerät an den Start, vier gehen in die Wertung ein. Somit tragen die Schmidener Athletinnen alle zum Teamerfolg bei. „Jede braucht jede und kennt die Stärke der anderen, jede hat ihre eigene Verantwortung und ist wichtig für das Team", sagt die Trainerin Theresa Schwarz.

Johanna Zettl gehört diesem Team seit Beginn an, sie ist die drittälteste im Verbund des TSV Schmiden. Anfang Juni dieses Jahres wird sie beim Deutschen Turnfest in Berlin starten. Doch bereits vom 19. Februar an dürfen sich die 19-Jährige und ihre Mitstreiterinnen in der Oberliga messen. Es bleibt also nicht mehr allzu viel Zeit, sich mit einem Tsukahara anzufreunden.

erstellt von Maximilian Hamm von der Fellbacher Zeitung