„Der positive Geist im Verein und der Glaube an die Gemeinschaft sind und werden das Fundament des Erfolgs sein“

  10.05.2020    Handball Männer Männer 1
Nach vielen Versuchen in den letzten Jahren ist es nun endlich soweit - der TSV Schmiden steigt in die Baden-Württemberg-Oberliga auf!

Keine andere Mannschaft war in den letzten Jahren so konstant in der Württemberg-Liga und spielte in den letzten 4 Jahren immer um den Aufstieg mit wie die erste Herrenmannschaft des TSV Schmiden. Nun endlich wird die Mannschaft rund um die Trainer Slavko Pustoslemsek und Christian Müller für ihre tolle Arbeit belohnt. Im Interview sind Slavko Pustoslemsek, Trainer der Herren-Württemberg-Liga-Mannschaft des TSV Schmiden und Sebastian Stump, Sportlicher Leiter Herren TSV Schmiden Handball.

 

Slavko, wie fühlt man sich als frischgebackener Meistertrainer der Württemberg-Liga Nord?

Slavko: In erster Linie bin ich sehr stolz auf meine Mannschaft und wenn man die ganze Saison betrachtet, dürfen und sollen die Spieler auch stolz auf sich sein. Daher möchte ich gerne ein wenig ausholen.

Die Saisonvorbereitung war sehr kompliziert. Gleich zu Beginn hatten wir aufgrund eines Schadens am Hallendach und Wasser in der Halle keine optimalen Trainingsbedingungen. Wir mussten zunächst in anderen Hallen trainieren, teilweise harzfrei. Natürlich auch im Freien und auf einem zu dieser Jahreszeit unheimlich stark erhitzten Tartanplatz vor unserer Halle.

Des Weiteren hatten wir Langzeitverletzte aus der Vorsaison mit Lukas Lehmkühler und Marco Kolotuschkin, die erst spät zur Verfügung standen. Mit den kurzfristigen Abgängen von Jan David (nach Kornwestheim) und Fynn Graykowski sind uns zusätzlich zwei Spieler weggebrochen, die fest eingeplant waren. All die Umstände haben natürlich nicht dazu beigetragen, dass, trotz der aussichtsreichen Ausgangslage, der Nichtaufstieg aus dem Vorjahr komplett verarbeitet wurde. Es war zu spüren, dass dieser noch in den Köpfen hing. Dies musste auch aufgearbeitet werden, um den Blick für die meines Erachtens stärkste Württemberg-Liga seit langem zu schärfen. Ein Team und ein neuer Trainer müssen sich natürlich auch erstmal einspielen, aber die Spieler waren fleißig, aufmerksam und lernwillig. Wenn man die Widrigkeiten kennt und ich als Trainer weiß, was an Arbeit und Akribie von allen Beteiligten hineingesteckt wurde, kann man zu Recht stolz und zufrieden sein. Ich verneige mich vor der Leistung meiner Spieler.

 

Jetzt endete die Saison alles andere als normal. Wie empfandest du die letzten Wochen und wie seid ihr als Mannschaft mit dem frühzeitigen Saisonabbruch umgegangen?

Slavko: Wir alle hatten keine Erfahrung mit einer Pandemie und dem folgerichtigen Saisonabbruch. Grundsätzlich wollten wir die Saison natürlich zu Ende spielen, völlig klar. Aber es gibt manchmal wichtigere Dinge im Leben als den Handball, auch wenn wir alle den Sport lieben. Es rücken andere Dinge in den Fokus und jeder hat sein eigenes Päckchen zu tragen und eigene Probleme und Sorgen. Die Solidarität innerhalb des Vereins war trotz der ungewissen Lage außergewöhnlich. Natürlich waren wir aber auch gespannt, wie es mit der Saison weitergeht bzw. wie diese gewertet wird. An das Gerichtsverfahren haben wir zu diesem Zeitpunkt gar nicht gedacht. Als aber klar war, dass das diskutierte Spiel als regulär gewertet wird, war eigentlich klar, dass wir in jedem Fall Meister der Württemberg-Liga Nord und Aufsteiger sein werden. Es kursierten verschiedene Theorien und Möglichkeiten, wie z.B. nur die Hinrunde werten zu lassen (ebenfalls Platz 1 - Anm. Red.), die Quotientenregelung nach norwegischem Vorbild oder einen Dreiervergleich der Mannschaften TSV, VfL und Alfdorf, die die gleiche Anzahl an Minuspunkten aufweisen konnten. Diesen direkten Vergleich haben wir ebenfalls für uns entschieden. Diesen Vorteil haben wir uns unter anderem aufgrund unseres enorm schweren Auftaktprogramms erarbeitet und somit müssen wir uns nicht schämen, gute Ergebnisse und die damit verbundene Ausgangslage erzielt zu haben, im Gegenteil. Als wir dann nach erneuter Revision zum wiederholten Male Recht bekommen haben, sind natürlich die Dämme gebrochen und wir hatten sofort eine spontane, verdiente und virtuelle Aufstiegsfeier abgehalten.

 

Sebastian, als Sportlicher Leiter durftest du dich ja in den vergangenen Monaten mit einem ganz speziellen Sachverhalt auseinandersetzen. Möchtest du hierzu ein paar Worte verlieren?

Sebastian: Also wenn mit „speziellen Sachverhalt“  das aktuell entschiedene Schiedsgerichtsverfahren des DHB gemeint ist, kann ich gerne etwas dazu sagen. Vorneweg, wir sind ein Verein, der den Fokus auf Sportlichkeit und FairPlay legt. Im Sport gibt es zu nahezu bei jeder Spielsituation verschiedene Meinungen und Auslegungsmöglichkeiten. Das ist meines Erachtens auch das Spannende am Sport. Jetzt waren wir Ende letzten Jahres als Abteilung mit einer Situation konfrontiert, die wir so auch noch nie hatten. Im Hinspiel gegen den VfL Waiblingen, das wir nach Ablauf der Spielzeit mit zwei Toren gewannen, legte der VfL Einspruch bezüglich der Spielwertung ein. So ein Einspruch ist an sich nichts Besonderes. Es ist ab und an ein profanes Mittel, um seinem Ärger ein Ventil zu verschaffen bzw. nach außen zu zeigen, dass man z.B. nicht mit den Schiedsrichterentscheidungen zufrieden war. Das nun wirklich Überraschende für den Handballexperten war, dass dem Einspruch in erster Instanz Recht gegeben wurde. Das ist in der Tat sehr ungewöhnlich, da, ohne die genaue Zahl zu kennen, nahezu alle Einsprüche seitens der Verbände abgewiesen werden. Das ist meines Erachtens auch gut so, da im Sport die Tatsachenentscheidung wichtig und richtig ist und die Schiedsrichter absolute Rückendeckung genießen sollten. Anschließend legten wir wiederum Einspruch ein und der Einspruch von Waiblingen wurde in der höheren Instanz zurückgewiesen. Dies bestätigte dann auch das DHB Sportgericht final. Sprich, das Hinspiel wird regulär gewertet und der TSV Schmiden war und bleibt Sieger des Hinspiels.

 

Nun hat das Ganze eine gewisse Brisanz gewonnen, da ja wie in einem Hollywood-Film der Schiedsspruch für den Aufstieg von großer Entscheidung war.

Sebastian: Man mag zu der Hypothese tendieren, dabei sollte jedoch Folgendes berücksichtigt werden: Man neigt dazu, die Themen miteinander zu vermischen. Das sollte man nicht tun. Der Abbruch der Saison war und ist absolut richtig, um die Verbreitung von COVID-19 einzudämmen. Die Verbände arbeiteten mit Hochdruck an einer fairen Lösung und orientierten sich verbandsübergreifend an dem norwegischen Modell. Nach dem Modell ist der TSV Schmiden sportlich völlig unumstritten der Aufsteiger in die BWOL. Nun werden natürlich verschiedene Handballstimmen in der Region laut und geben Kalkulationen und Prognosen ab, wer denn aufgestiegen wäre, wenn die Saison fortgeführt würde. Man hört, es sind viele Konjunktive in dem Satz. Fakt ist, sportlich gesehen ist der TSV Schmiden zu Recht aufgestiegen, alles andere sind Spekulationen und Kaffeesatzleserei.

 

Wie hat die Situation, nicht zu wissen, in welcher Liga dein Team nächstes Jahr spielt bzw. wann die kommende Saison losgeht, deine Planung beeinflusst?

Sebastian: Ich plane grundsätzlich ligenunabhängig und mein Credo ist es, immer die beste Schmidener Mannschaft zusammenzustellen unter Berücksichtigung des finanziellen Rahmens. Dabei verfolge ich zwei grundlegende Strategien:

  1. Schmiden den Schmidenern, sprich ich will die Talente aus der eigenen Jugend an die aktiven Mannschaften heranführen und verdiente ehemalige Schmidener wieder zurück in den Pumakäfig lotsen.
  2. Der Charakter muss stimmen. Grundlage jeden Erfolgs ist der Wille zum Siegen, ein positiver Geist und die Fähigkeit, sich selbst einem Team unterzuordnen. Dabei muss der Spieler selbst gar nicht zu den besten der Liga gehören, insofern er das Gesamtgebilde ein bisschen besser macht. Inspirierend war für mich immer „Litty“ (Anm. der Red.: Frank Ettwein ehem. Spieler HBW Balingen-Weilstetten), der mit seinen 1,74m einer der besten Abwehrspieler war, die ich kenne, über Jahre sein Team prägte und maßgeblich zu dem damaligen Erfolg beitrug.

Zum möglichen Start der Ligen. Ich glaube ich spreche für alle Spieler, wenn ich sage, dass wir brennen, endlich mal wieder Handball spielen zu dürfen. Nichtsdestotrotz steht das Wohl der Gesellschaft absolut im Mittelpunkt und die Verantwortlichen haben aktuell keinen einfachen Job, hierbei den salomonischen Mittelweg zu finden. Wir rechnen intern aktuell damit, dass es einen Verzug des Ligastarts Richtung Ende des Jahres geben wird, ob das Oktober oder Dezember wird, spielt meines Erachtens keine entscheidende Rolle. Wir informierten alle Spieler und Verantwortlichen und je nach Saisonstart wird sich der Vorbereitungsbeginn natürlich auch nach hinten verschieben.

 

Wenn wir gerade dabei sind, Sebastian, wie kann man sich das generell vorstellen, wie tangiert die COVID-19-Pandemie den TSV Schmiden? Wie geht ihr damit um?

Sebastian: Ich kann das gerne aus Sicht der Handballabteilung beantworten. Wir gehen als Organisation definitiv gestärkt aus der Krise. Sowohl die Abteilungsleitung rund um Markus Engelhart und Wolfgang Bürkle bis hin zu den Jugendkoordinatoren zeigten flächendeckend Solidarität und wir wuchsen als große Handballfamilie weiter zusammen. Neben der Sportlichkeit war und ist das Hauptziel das Überleben von Kultur und Sport hier in Schmiden zu sichern. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Wir als Handballabteilung generieren ein Großteil der Einnahmen, mit denen wir unsere Kosten decken, über Veranstaltungen wie z.B. das „Schmidener Ortsturnier“, den „Schmidener Sommer“ oder die „Brunnenhocketse“. Wir gehen aktuell davon aus, dass alle diese Veranstaltungen nicht stattfinden werden. Dadurch fällt ein beträchtlicher Teil unseren Einnahmen weg. Um finanziell die Kurve irgendwie zu bekommen, überlegten wir uns verschiedenste Ansätze. Aber eins war uns allen klar, jeder im TSV Schmiden Handball muss seinen Beitrag leisten, so dass wir als Verein überleben und in der BWOL spielen können. Auch der Punkt zeigte mir, was für eine große Familie wir hier beim TSV sind und welche enorme Solidarität und Liebe zu dem Verein vorherrscht. Alle tragen die Vorschläge des Vorstands uneingeschränkt mit, auch wenn das zum Teil einschneidende Maßnahmen sind. Das freut mich als Sportlicher Leiter sehr und macht mich stolz, Teil dieser Schmidener Familie zu sein.

 

Die BWOL ist eine sehr starke Liga und die Vergangenheit zeigte leider nicht zu knapp, dass die württembergischen Aufsteiger häufig direkt wieder abstiegen. Frage an euch beide, was stimmt euch zuversichtlich, nächstes Jahr die Klasse zu halten?

Slavko: Wir steigen auf, um die Klasse zu halten. Wenn wir in die neue Saison starten, ist die schöne, aber vergangene Saison nichts mehr wert. Es gilt sich neu zu beweisen, weiterzuentwickeln und eine würdige Mannschaft in der BWOL zu sein. Die Spieler haben nach der BWOL gegiert, sie sind Wettkämpfer und werden wieder eine komplette Saison inklusive Vorbereitung, den physischen und mentalen Aufwand betreiben, der dafür notwendig ist. Es ist eine Liga mit teils weiten Fahrten und richtig guten Teams, die uns das Maximum abverlangen werden. Sich der Herausforderung zu stellen wird uns antreiben und wie gut es schmeckt, einen möglichen Lohn für die Mühen einzustecken, haben wir vor kurzem erlebt.

Es ist natürlich schade, dass nicht mehr alle dabei sein werden. Es sind Aufstiegsspieler und Jungs, die einem Trainer in so einer Saison, nicht nur wegen der Erfolge, natürlich sehr ans Herz gewachsen sind und uns nun verlassen. Leider konnte man sie nicht gebührend verabschieden, aber das wird sicherlich noch nachgeholt.

Aber ich freue mich auch sehr auf unsere Neuzugänge und bin voller Überzeugung, dass sie in Punkto Leistungsfähigkeit und Charakter mindestens genauso gut in das weiterhin sehr gute Team hineinpassen. Es wird sich sehr viel vorhandenes und neu entwickelbares Potential zum Vorbereitungsstart tummeln. Wann dieser losgeht, können wir momentan natürlich nicht seriös beantworten, hoffen aber, dass wir bald, aber vor allem ohne gesundheitliche Bedenken, loslegen dürfen. 

 

Sebastian: Neben dem, dass wir im  kommenden Jahr eine absolute Topmannschaft in Schmiden haben werden und mit Slavko ein absolutes Trainerjuwel in unseren Reihen ist, finden wir in Schmiden ein tolles Umfeld und Harmonie quer über die Organisation hinweg vor. Das geht vom Zeitnehmer Achim (Müller) bis zum Abteilungsleiter Wolfgang. Der positive Geist im Verein und der Glaube an die Gemeinschaft sind und werden das Fundament des Erfolgs sein.